Von
Bochmann studierte an der Düsseldorfer Akademie bei Karl Janssen. Der
Bildhauer wurde schon früh anerkannt, bereits 1904 bekam er die Große
Goldene Staatsmedaille in Wien für die Bronzefigur "Abschied". Gregor
von Bochmann beteiligte sich an Ausstellungen in Wien, Dresden, Köln
und München. Nach dem Tod des Bildhauers wurde 1917 eine
Gedächtnisausstellung mit über 100 Arbeiten in Düsseldorf eröffnet. Er
schuf Brunnenplastiken, Porträtbüsten, Akte, Statuetten und Reliefs,
anfangs in impressionistischer, gelegentlich auch in naturalistischer
Formungsweise, später Annäherung an den Klassizismus Hildebrands.
Die Idee zum Bau des Denkmals geht am 5. Dezember 1903 von W. Menkhoff
(Herforder Leinenverein) aus. Der erste Verein für Leinen aus reinem
Handgespinnst wurde 1851 von Weddigen als Gegengewicht gegen die starke
Konkurrenz der Baumwolle und gegen die englischen und irischen
Maschinen gegründet. Am 1. Januar trat an dessen Stelle der
Zusammenschluss zum Herforder Leinenverein. Leinenweberei blickt auf
eine lange Tradition zurück.
"Bis etwa 1860 kamen die Ravensberger Linnenbauern zu einem großen
Markte für Garne und fertige Gewerke nach Herford, wo in zwei langen
Reihen die Hauptstraße vom Deichtor bis zur Mittelstädter Brücke von
ihnen besetzt war."
Herforder Zeitung für Stadt und Land, 24. Juni 1909.
Vorbild für das Denkmal ist der Kiepenkerl in Münster. Zuerst soll der in Herford bestens bekannte Bildhauer Wefing mit
der Ausführung betraut werden. Am 7. Februar 1904 schreibt ihm
Bürgermeister Quentin und fragt nach den Kosten für eine solche Figur
in Kupfer. Dazu kommt es jedoch nicht, weil der Kunstverein für
Rheinland und Westfalen nur dann 4000,00 M beisteuert, wenn der
Künstler von ihm beauftragt wird.
Der Vorstand des Kunstvereins entsendet zwei Professoren aus Düsseldorf nach Herford, welche schließlich "den nach der Mittelstädter Mühle
zu belegenen Eckpfeiler der Brücke für ganz hervorragend geeignet zur
Aufstellung einer solchen lebensgroßen Figur aus 1 ½ bis 2 Meter hohen
Sockel hielten...".
Nachdem der Kunstverein den Zuschuss zugesagt hatte, stimmten auch die
Stadtverordneten im Januar 1907 für das Standbild. Gemeinsam mit dem
Kunstverein wurde vom Leinenverein ein Wettbewerb ausgeschrieben. Im
November 1907 wurden schließlich 45 eingegangene Modelle von Künstlern
aus dem Rheinland und Westfalen ausgestellt. Auf Wunsch des Magistrats
besuchten Quentin und Wilhelm Menkhoff am 23. November die Ausstellung
und durften anschließend eine Empfehlung aussprechen. Sieger wurde
Gregor von Bochmann aus Düsseldorf. Modell stand der Elverdisser
Handweber Friedrich (Frittken) Oberdiek (1844-1919), der noch im hohen
Alter in diesem Beruf arbeitete. Bis 1914 übte auch sein Sohn August
noch die Handweberei aus.
"Die
Mutzpfeife im Munde, die Holster auf dem Rücken, hält der Alte unter
dem Arm eine Rolle Linnen, dabei in einer echt bäuerlichen,
verschmitzten Weise auf den in der Hand haltenen Geldbetrag blickend,
jedoch ist der Gesichtsausdruck so wohl gelungen, dass bei aller
Verschmitztheit der Blick nicht der alten ravensbergischen treuen
Gutmütigkeit entbehrt." Herforder Zeitung für Stadt und Land, 24. Juni
1909
Bei
der Einweihung waren der Künstler, Landrat v. Borries, Ehrenbürger
Quentin und einige Professoren aus Düsseldorf Ehrengäste. Die Festrede
hielt der 1. Bürgermeister Busse.
"An dem Gabelfrühstück im Hotel Rhode, das der Feier folgte, nahmen 40 Herren teil." Kreisblatt 24. Juni 1909.
Ab 1940 wurden alle Metallteile der Herforder Denkmale abmontiert und
zum größten Teil für den Endsieg eingeschmolzen. Weshalb der
Linnenbauer als einziges Denkmal verschont blieb, ist dem Autor nicht
bekannt. Nach dem Abbruch der Mittelstädter Brücke 1970 stand der
Linneweber lange Zeit fast ebenerdig. Nachdem er mehrmals Opfer
jugendlichen Übermuts wurde, entschloss man sich, ihn wieder auf einen
Sockel zu stellen. Von dort betrachtet er, schmunzelnd sein Geld
zählend, die unentwegt an ihm vorbeiziehenden Fußgänger. Dass er jetzt
an einem der schönsten Plätze der Stadt steht, wird ihm wohl noch mehr
Freude machen.
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